Immer mehr Menschen versuchen der Hektik der heutigen Zeit ein Stück weit zu entfliehen. Sie suchen nach neuen Zielen und Aufgaben für sich selbst - und nach einem Weg, diese zu verwirklichen. Schon der Name Jakobusweg deutet darauf hin, dass er eine solche Möglichkeit bietet, den Alltag hinter sich zu lassen und sich auf das zu reduzieren, was man wirklich braucht. Doch eine Pilgerreise setzt eine optimale Vorbereitung voraus, um erfolgreich gelingen zu können.
Vor drei Jahren gründete eine Gruppe von Pilgerfreunden zu diesem Zweck die „Jakobus-Pilgerschaft Augsburg e. V.“ - um die alte Pilgertradition wieder aufleben zu lassen.
Die Suche nach sich selbst
Der Vorsitzende des Pilgervereins, Herbert Seitz, kommt ins Schwärmen, wenn er von den Erlebnissen und Erfahrungen spricht, die man bei einer solchen Pilgerreise machen kann. „Allein die Tatsache, dass ich nur soviel mitnehmen kann, wie ich auch tragen kann, macht so eine Wallfahrt zu etwas ganz Besonderem“, erklärt er.
Man erfahre auf seinem Weg ein extremes Naturerlebnis. Durch die Langsamkeit erlebe man die Landschaften viel intensiver, Kulturen würden sich verändern und wieder ähneln.
Dies alles könne man nicht erfahren, wenn man in sein Auto steige und einfach nach dreihundert Kilometern wieder am Ziel aussteige. Das Pilgern unterbricht das normale Leben, das ist der Gedanke!
Jeder Einzelne pilgert zwar für sich selbst, doch trifft man sich heute oft an Sammelpunkten, um gemeinsam den Weg zu beginnen. Man tauscht Erfahrungen aus und geht ein Stück des Weges gemeinsam. Ähnlich sei es auch im Mittelalter gewesen, so Seitz, man habe sich an bestimmten Plätzen getroffen, um zu arbeiten und Geld für die Reise zu verdienen. Hauptsächlich jedoch, um gemeinsam gegen die Gefahren des Weges besser gefeit zu sein.
Früher sei es nicht selbstverständlich gewesen, dass ein Pilger auch von seiner Wanderung zurückgekommen ist. Viele wurden überfallen und auch getötet. „Heute sind die Wege markiert und sicher, wenn jemand aufgeben muss, so meist aus physischen Gründen oder Krankheit“, sagt der Vorsitzende.
Man habe früher versucht, so lange wie möglich den deutschsprachigen Raum zu nutzen, um Sprachbarrieren aus dem Weg zu gehen. So entstand auch logischerweise der Weg durch die Schweiz. Oft schloss man sich auch deshalb zu Gruppen zusammen, um sich besser verständigen zu können. Manche Pilger seien schließlich in Santiago hängen geblieben, daher auch die deutschen Namen vieler Handwerksgeschäfte dort.
Motivation
Die Kernmotivation der Pilger ist und bleibt die religiöse Sinnfrage. Ansonsten könne man auch Weitwanderwege gehen, sagt Seitz.
Gleichzeitig hat der Entschluss oft philosophische Beweggründe: Die Frage nach Gott und was über den Dingen steht! Im Mittelalter wollte man dort hingehen, wo die Heiligen bestattet sind. Weil man so das Gefühl hatte, der Gnade Gottes und dem Himmel ein Stück weit näher zu sein. Schließlich seien die Märtyrer Zeugen gewesen, Zeugen der Wahrhaftigkeit Gottes. Es war zu dieser Zeit auch das Denken, dass, wenn der Jüngste Tag kommt, die Aposteln die ersten sein würden, die aufstünden. Ihnen nahe zu sein, gab den Menschen Sicherheit.
Für die Zielgruppe, in der Hauptsache Menschen über 50 Jahre, stellt sich auch die Frage: Traue ich mir das noch einmal zu? Kann ich mich drei Monate vom Alltag ausschließen? Denn es sind immerhin 2500 km von Augsburg bis Santiago de Compostela.
Doch es lohne sich, erklärt Seitz: Ein Bekannter von ihm sei bei seiner Ankunft in Santiago so gerührt gewesen, dass er spontan ein Kirchenlied angestimmt hätte, ohne sich um die Reaktionen der Leute zu kümmern. Eine wichtige Erfahrung könne aber auch das Scheitern sein, das Aufgeben müssen – meist einfach aus physischen Gründen. Oder der Zusammenschluss mit anderen, die einem das Gepäck fahren oder beim Tragen helfen.
Viele Wege – ein Ziel
Vier große Wege vereinen sich schließlich in Spanien, wo der Hauptweg, der camino francés, in Santiago de Compostela endet. Zuvor spannen sich Netzwerke durch ganz Europa und Deutschland, unter anderem auch der Jakobus-Weg in Bayrisch Schwaben.
Ziel des Pilgerwegs ist das Grab des heiligen Jakobus, der der Legende nach an einem Ort namens Compostela bestattet worden ist. Im 9. Jahrhundert fand man in Santiago ein frühchristliches Grab und war überzeugt, das es sich dabei um das Grab des Apostels handeln müsse. Daraufhin wurde Santiago neben Jerusalem und Rom zum wichtigsten Wallfahrtsziel. Man benutzte alte Handelsstraßen und übernachtete in Klöstern.
Auf diese Weise entstand der erste grenzüberschreitende Wanderweg in Europa. Und 1987 hat der Europarat den Jakobusweg auch zur ersten europäischen Kulturstraße erklärt. Auch in Schwaben ist nun ein Weg gefunden und markiert, der den Erfordernissen des Pilgerns entspricht. Wie in früheren Zeiten weisen Informationstafeln an markanten Punkten, gekennzeichnet mit der Jakobsmuschel, den Wanderern den Weg, geben Hinweise auf das Höhenprofil, den Routenverlauf und den Standpunkt.
Pilgern? Aber wie?
Für diejenigen, die für sich den Entschluss gefasst haben, auf Pilgerreise zu gehen, stellt sich die Frage, wie organisiere ich meine Wanderung und wer hilft mir dabei? Das ist nicht schwer.
Bei der Planung der Reise hilft die Jakobus-Pilgergemeinschaft Augsburg und während der Reise kann man alle nötigen Informationen, die man als Pilger für den täglichen Bedarf braucht, in dem Führer für den bayerisch-schwäbischen Wanderweg herausziehen, den die Gemeinschaft im Stöppel-Verlag herausgibt.
Touren rund um den Jakobusweg bei German News
Eine Kurzdarstellung zu den einzelnen Routen mit der Wanderkarte von einem Punkt zum Nächsten stellen wir Ihnen in Zusammenarbeit mit dem Stöppel-Verlag hier vor.
Unser Buchtipp:
Bayr.-Schwäb. Jakobus-Pilgerweg
Vom Ries zum Bodensee in 16 Tagesetappen
von Ulrich Lohrmann
Auf insgesamt 400 Kilometern führt der Weg von Oettingen im Ries über Augsburg bis nach Lindau am Bodensee. Aufgeteilt in 16 Tagesetappen werden die Wegabschnitte ausführlich beschrieben und dabei alle wichtigen Stationen des Pilgerweges ausführlich erläutert. Detaillierte Karten und zahlreiche Farbabbildungen runden die Wegbeschreibung ab.
Im praktischen Teil findet man Einkehrempfehlungen, Etappenlänge und Beschafftheit des Weges sowie Informationen zu markanten Wegpunkten.
Über 400 km auf den Spuren des heiligen Jakob, 144 Seiten, farbige Abbildungen und detaillierte Karten, 12,2 x 20 cm, ISBN 3-89987-511-7, Art.-Nr.: 511/1107, 14,95 Euro
Weitere Infos zum Jakobus-Pilgerweg erhalten Sie unter www.stoeppel.de und per email unter
info@jakobus-pilgergemeinschaft-augsburg.de
Informationen zur Teilstrecke "Donauwörth – Kloster Holzen" finden Sie in German News
Die Vorstellung der Teilstrecke "Öttingen bis Wemding" finden Sie in German News
Quelle: Stöppel Verlag, Ralf Österreicher
Fotos: Stöppel Verlag
Autor: Gerd Bruckner